Philosophie = sich im Denken orientieren

Der Titel geht zurück auf eine Schrift von Immanuel Kant "Was heißt: sich im Denken orientieren" - ohne dass damit eine sklavische Bindung an die Voraussetzungen der Kantischen Philosophie verbunden wäre.

Es geht darum, sich im Pluralismus der "Sprachspiele" (Wittgenstein) zu orientieren, zu fragen, welche Erkenntnisse sich mit welchen sprachlichen Mitteln erschließen lassen und welche erkenntnislogischen Beziehungen zwischen den verschiedenen "Sprachspielen" bestehen.

Dabei geht es immer auch um "Sinn" und "Unsinn", um "Vernunft" und "Unvernunft", um so hehre Begriffe wie die "Wahrheit", die "Gerechtigkeit", das "Gute" und das "Schöne", u. a. m. - aber immer wieder um die sprachlichen Mittel, die zur Klärung derartiger ´Ideen´ bemüht werden.

Da es keinen "voraussetzungslosen" Anfang der Philosophie gibt, bleibt nichts anderes übrig, als von den Realitäten des "Alltags", der alltäglichen "Umgangssprache" und dem alltäglichen "Common Sense" auszugehen. - Diesen Dreiklang sollte man nie vergessen, was aber natürlich nicht heißt, denselben für sakrosankt zu erklären.

Auch in den subtilsten Wissenschaften (Logik, Mathematik, in den ´exakten´ Naturwissenschaften, aber auch in den sog." Geistes"- und Gesellschafts- wissenschaften) ist der Alltag unhintergehbar. Wer nicht weiß, wo sein Notizbuch liegt und was ein Zeiger an einem Messgerät ist, kann auch nicht die Atome oder die Sterne erforschen. Und auch die Hirnforscher müssen die Buchstaben ihrer Aufzeichnungen alltagssprachlich erlernt haben und identifizieren können, bevor sie uns weißzumachen versuchen, dass nicht der Mensch, sondern sein Gehirn denke.

Der allgemeinste Grundsatz, der hier immer wieder auftauchen wird, geht davon aus, dass jegliche Erkenntnis es mit einer Deutung von Zeichen zu tun hat. Wer irgendeine Art von Erkenntnis in Anspruch nimmt, muss dazu zum Zwecke der zwischenmenschlichen Kommunikation auf irgendeine Art von irgendwie ´gegebenen´ Zeichen (seien es die Zeichen einer Sprache, Phänomene der Natur, experimentelle Befunde als Ablesungen von Messergebnissen, ausgegrabene Artefakte aus vergangenen Zeiten, etc.) verweisen, die dann mit Hilfe von gewissen ´Theorien´ gedeutet werden. Man wird also stets zwischen der (phänomenalen) Zeichenbasis und deren (theoretischer) Deutung zu unterscheiden haben.

Insofern wird hier letztlich versucht, Bausteine für eine semiotische Theorie der Erfahrung beizuschaffen, um mit diesem Rüstzeug relevante Fragen der Gegenwart philosophisch aufarbeiten zu können.

Es heißt: Ideen verändern die Welt. Wohl  wahr. Man kann die Welt einteilen in ´reine´ Naturtatsachen (Berge, Erdbeben, Kometen, ...) und ´Artefakte´ (Dinge, die es nur gibt, weil Menschen sich etwas gedacht und daraufhin gehandelt haben: Pyramiden,  Satelliten, Autobahnen, Plantagen, die Skylines der großen Metropolen, ...). Die Natur entsteht und verändert sich aufgrund von Naturgesetzen. Artefakte entstehen und verändern sich dadurch, dass Menschen  ´Regeln´ befolgen, insbesondere dadurch, dass Menschen Naturgesetze erkennen und anzuwenden lernen.

Wenn manche Philosophen (unter ihnen einige philosophierende Hirnforscher) argumentieren, im kausal geschlossenen Weltbild der Physik gäbe es keine ´mentale Kausalität´, dann übersehen sie, dass es dann auch keine Sprache, keine theoriegeleiteten Experimente und keine technologische Anwendung der Naturwissenschaft geben könnte, was offensichtlicher Unsinn ist. Die Welt der (ideengeleiteten) Artefakte ist unübersehbar. Möglicher Weise gehört auch die drohende Klimakatastrophe dazu.

Es ist also nicht egal, wie Menschen denken. Eben deshalb ist die Klärung der ´Ideen´ so bedeutungsvoll. Man hat einmal aus humanitären Gründen die Guillotine erfunden, um den Henkern das Handwerk zu erleichtern und den Delinquenten einen sicheren Tod ohne vorherige brutale Verletzungen zu garantieren. Aus noch besseren humanitären Gründen hat man jedoch inzwischen (in vielen Ländern) die Todesstrafe abgeschafft, so dass (wenigstens dort) keine Köpfe mehr rollen.

Es spricht viel für das Motto: "Eine andere Welt ist möglich". Denken wir also darüber nach, welche ´Ideen´ für die gegenwärtigen Verhältnisse verant- wortlich sind und was sich in den Köpfen ändern müsste, um  die Welt (zumindest ein wenig) zu verbessern. Dabei kann es nicht nur (aber natürlich auch) darum gehen, was jeder Einzelne tun oder lassen könnte. Es kommt auch darauf an, andere an ihre Verantwortung zu erinnern, wenn sie sich denn in entsprechenden Positionen befinden sollten.

Dazu noch einmal Immanuel Kant: "Habe Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen!"